Thursday, October 30, 2008

Begriffsbildung/ Definition: Informelles Lernen


Begriff und Definition informellen Lernens

Bildungsforscher haben kein einheitliches Verständnis, was genau unter "informellem Lernen" zu verstehen ist. Es gibt unzählige Definitionen und Erörterungen dazu (vgl. Garrick 1998 und Käpplinger 2007). In der Praxis sind jedoch die teils feinsinnigen Unterscheidungen und schwierigen Abgrenzungen zwischen „einem mehr oder weniger geplanten, mehr oder weniger beabsichtigten oder bewussten nicht institutionalisierten Lernen“ zu vernachlässigen (Dohmen 2001, S. 25).
Dohmen (2001) plädiert daher für die Verwendung der von Small (1999) vorgeschlagenen Definition: Der „Begriff des informellen Lernens wird auf alles Selbstlernen bezogen, das sich in unmittelbaren Lebens- und Erfahrungszusammenhängen außerhalb des formalen Bildungswesens entwickelt“ (Dohmen 2001, S. 25). Gleichwohl besteht aber die Gefahr, dass informelles Lernen bei nur allgemein gefasster Definition zu einer "Restkategorie" wird, in die relativ beliebig hinein interpretiert werden kann. Insofern lohnt auch der nähere Blick auf Prozesse informellen Lernens (Overwien 2004).
Obwohl die Definitionsfrage noch weitgehenderer Klärungen bedarf, erhält das informelle Lernen zunehmende Aufmerksamkeit in erziehungswissenschaftlichen Diskussionen. So widmet sich ein Schwerpunktheft der Zeitschrift für Erziehungswissenschaft (3/2005) verschiedenen Aspekten informellen Lernens, wie dem Thema der Familie als informellem Bildungsort, der Rolle informellen Lernens bei der Reproduktion von Ungleichheit, dem informellen Lernen im Ehrenamt oder dem informellen Lernen mit verschiedenen Medien. Als Grundlage liefert ein "Stichwortaufsatz" einen Überblick über die Breite der Diskussion zum informellen Lernen (Overwien 2005). In diesem Aufsatz werden verschiedene Sichtweisen diskutiert, auch die der Europäischen Kommission. Diese hat inzwischen festgelegt, welche Definition für informelles Lernen in der Bildungsdiskussion der EU gilt:
Formales Lernen Lernen, das üblicherweise in einer Bildungs- oder Ausbildungseinrichtung stattfindet, (in Bezug auf Lernziele, Lernzeit oder Lernförderung) strukturiert ist und zur Zertifizierung führt. Formales Lernen ist aus der Sicht des Lernenden zielgerichtet.
Nicht formales Lernen Lernen, das nicht in Bildungs- oder Berufsbildungseinrichtung stattfindet und üblicherweise nicht zur Zertifizierung führt. Gleichwohl ist es systematisch (in Bezug auf Lernziele, Lerndauer und Lernmittel). Aus Sicht der Lernenden ist es zielgerichtet.
Informelles Lernen Lernen, das im Alltag, am Arbeitsplatz, im Familienkreis oder in der Freizeit stattfindet. Es ist (in Bezug auf Lernziele, Lernzeit oder Lernförderung) nicht strukturiert und führt üblicherweise nicht zur Zertifizierung. Informelles Lernen kann zielgerichtet sein, ist jedoch in den meisten Fällen nichtintentional (oder inzidentell/beiläufig). (Europäische Kommission 2001, S. 9, 32f)

3 comments:

Anonymous said...

Wow ...

... das alles sogar mit Quellen ... ich ziehe meinen Hut vor dir!

Der Gedanke mit dem informellen Lernen als Restkategorie find ich irgendwie interessant, weil eigentlich ja auch das nicht-formale Lernen so etwas wie eine Restkategorie ist. Denn es war ja vorerst nur die negative Abgrenzung vom formalen Lernen, welche alles enthielt, was eben nicht formal war. Und das obwohl das nicht-formale Lernen lange vor dem informellen Lernen stattgefunden hat.

LG, Sabrina

Marion R. Gruber said...
This comment has been removed by the author.
Marion R. Gruber said...

...auch bei mir klappt nicht immer alles. ;)

Es wäre hilfreich, wenn die in diesem Beitrag verwendete Literatur als Verzeichnis aufgelistet wird.